Die Forschung von Prof. Marcello Romano ist auf Raumfahrtmechanik spezialisiert. Sein Schwerpunkt liegt auf Rotations- und Orbitalmanövern künstlicher Satelliten, autonomer Lenkung, Navigation und Kontrolle, der Entwicklung fortschrittlicher Raumfahrtsysteme und -missionen sowie der Orbitalrobotik für die Wartung, Montage und Trümmerbeseitigung im Weltraum. Zu seinen wissenschaftlichen Interessen gehören außerdem unternehmerische Innovation, Technologietransfer und weltraumgestützte Nachhaltigkeit. Seine Forschungsphilosophie integriert theoretische Untersuchungen mit Simulationen, Laborexperimenten und Flugtests.
Nach seiner Promotion in Luft- und Raumfahrttechnik am Politecnico di Milano wurde Prof. Marcello Romano Postdoktorand beim U.S. National Research Council. Anschließend war er als Professor mit fester Stelle und Gründungsdirektor des Spacecraft Robotics Lab an der Naval Postgraduate School in Monterey, Kalifornien, tätig. Er hatte Gastprofessuren an der TUM, der NASA Ames und der Stanford University inne. Im Januar 2025 wurde Marcello Romano zum Leiter des Lehrstuhls für Astrodynamik an der Technischen Universität München (TUM) ernannt. Er ist Vollmitglied der International Academy of Astronautics (IAA) und der Associate Fellow des American Institute of Aeronautics and Astronautics (AIAA).
ED: Wie sind Sie zu dem geworden, der Sie sind?
Marcello Romano: Es gibt drei Hauptaspekte, die ich hervorheben möchte. Der erste ist meine Erfahrung, in einem multikulturellen Umfeld zu leben und in verschiedenen Ländern zu arbeiten. Ich bin zum Beispiel am Luganer See in der Südschweiz aufgewachsen, habe in Como und Mailand studiert und bin nach meiner Promotion in die San Francisco Bay Area in Kalifornien ausgewandert, wo ich fast die Hälfte meines Lebens verbracht habe. Ich schätze mich sehr glücklich, so vielfältige und schöne Orte erlebt zu haben, von denen jeder auf unterschiedliche Weise mit verschiedenen Phasen meinem persönlichen und beruflichen Werdegang in Verbindung stand.
Der zweite Aspekt ist, dass ich mein Fundament in den Natur- und Ingenieurwissenschaften auf einem geisteswissenschaftlichen Hintergrund aufgebaut habe. Ich besuchte ein humanistisches Gymnasium und Lyzeum, wo ich Altgriechisch, Latein, Philosophie und Literatur lernte. Später studierte ich Natur- und Ingenieurwissenschaften an der Universität mit dem Blickwinkel dieser früheren Ausbildung. Obwohl ich mich anfangs etwas mehr abmühte als einige meiner Studienkolleg:innen, entdeckte ich schließlich, dass dieser Weg der ideale für mich war.
Drittens habe ich immer Arbeitsumgebungen geschätzt und gesucht, in denen ich das Gefühl hatte, meine Vision von Forschung, Lehre und Innovation verwirklichen zu können - Positionen, die ein hohes Maß an Freiheit und Unabhängigkeit bieten. Dies hat mich bei wichtigen Entscheidungen in meiner beruflichen Laufbahn geleitet, z. B. beim Umzug von Italien nach Kalifornien als junger Wissenschaftler und zuletzt von den USA zur TUM in der Mitte meiner Karriere. Da ich mich den europäischen Werten verbunden fühle, freue ich mich darauf, die zweite Hälfte meines beruflichen und privaten Lebens hier in München zu verbringen.
ED: Was wird Ihr erstes Forschungsprojekt an der TUM sein?
Marcello Romano: Ich möchte ein neues Forschungsteam und einzigartige Laboreinrichtungen für mein Forschungsgebiet aufbauen: die Flugmechanik und Steuerung autonomer künstlicher Satelliten und orbitaler Robotersysteme. Ich werde weiterhin theoretische Forschung mit Simulationen, Labor- und Flugexperimenten sowie der Entwicklung fortschrittlicher Raumfahrtsysteme verknüpfen. Diese Kombination hat sich für mich als äußerst fruchtbar erwiesen, um innovative Ergebnisse in der Raumfahrttechnik zu erzielen, unternehmerische Initiativen zu unterstützen und Studierende und Nachwuchsforscher:innen auszubilden – unabhängig davon, ob sie in die Industrie oder in die Wissenschaft wechseln.
ED: Welche Veränderungen wünschen Sie sich für die Zukunft?
Marcello Romano: Ich wünsche mir, dass Europa eine zentralere Rolle in der Raumfahrttechnik und im Unternehmertum spielt. Angesichts der aktuellen tiefgreifenden Veränderungen sehe ich hierfür große Chancen. Darüber hinaus hoffe ich, dass die Raumfahrttechnik – und Raumfahrtingenieur:innen – direkter zur Bewältigung der drängenden gesellschaftlichen Herausforderungen beitragen, insbesondere den in den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung skizzierten.
Meiner Ansicht nach ist die Verbindung humanistischen und kritischen Denkens mit naturwissenschaftlichem und ingenieurwissenschaftlichem Wissen unerlässlich. Dieses Ideal habe ich im Motto meines Lehrstuhls an der TUM zum Ausdruck gebracht: Astronautica ad Pacem Hominumque Prosperitatem in Susteniri Mundo.